Lieber früh als spät: Familien sollten häufig gemeinsam ins Schwimmbad gehen, denn es ist wichtig, Kinder früh ans Wasser zu gewöhnen. In der heutigen Zeit konkurrieren aber immer mehr Aktivitäten um wenig Freizeit der Kinder. So zeigt mitunter der "Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule 2022" der Bertelsmann Stiftung, dass mittlerweile 54 Prozent aller Kinder im Grundschulalter Ganztagsangebote nutzen. In Hamburg sind es sogar 97 Prozent. Und zur langen Tagesbetreuung oder Ganztagsschule kommen noch vielfältige Hobbies und Frühförderungen. Im schwimmlernfähigen Alter bleibt also wenig Zeit für die familiäre Wassergewöhnung oder einen Schwimmkurs. "Viele Eltern verlassen sich auf den Schwimmunterricht in der Schule. Aber dieser beginnt hier in Hamburg erst in der dritten Klasse", sagt Michael Dietel. "Wir sehen hier zum Teil Kinder, die mit acht oder neun Jahren noch nie im Schwimmbad waren. Das war schon vor Corona so, aber durch die seinerzeit zwangsgeschlossenen Bäder und den ausgefallenen Schwimmunterricht während der Pandemie hat sich die Lage nun noch verstärkt."
2. Allein im Wasser erst mit Bronze
Wer erst in der dritten Klasse ans Wasser gewöhnt wird, verlässt die Grundschule nur selten als sichere Schwimmerin oder sicherer Schwimmer. Denn selbst beim Seepferdchen werden zunächst nur die Grundlagen des Schwimmens und Techniken der Selbstrettung vermittelt. "Das ist vielen Eltern nicht klar, so dass sie sich in falscher Sicherheit wiegen", so Michael Dietel. "Die für sicheres Schwimmen nötige Ausdauer, Technik und Routine kommen erst mit dem Bronze-Abzeichen. Und das schafft niemand über Nacht."
Solange sie sich noch nicht sicher im Wasser bewegen, müssen Eltern ihre Kinder immer begleiten. Nichtschwimmer*innen dürfen auch nicht ins Tiefe. Denn es ist wichtig, dass ihre Begleitperson sicher stehen kann. Außerdem sollten sich Eltern möglichst nicht weiter als eine Armeslänge von ihnen entfernen. "Dabei liegt es auf der Hand, dass kein Laie mehr als zwei Kinder sicher im Blick behalten kann. Wir hatten schon Familien, die sich komplett auf die anwesende Badeaufsicht verlassen haben. Für die Sicherheit ihrer Kinder sind aber in erster Linie die Eltern verantwortlich, die Aufsichtspflicht liegt bei ihnen", sagt Michael Dietel.
"Natürlich verantworten die Betreiber*innen eines Hallen- oder Freibades den sicheren Betrieb des Schwimmbades. Dazu gehört auch eine Wasseraufsicht mit der entsprechenden Qualifikation, bei Notfällen gut und richtig zu reagieren. Die Bademeister*innen können ihre Augen aber nicht überall haben oder einzelne Kinder beaufsichtigen. Das gilt ebenso für die Rettungsschwimmer*innen an Stränden und Seen."
4. Handy weg – nicht ablenken lassen
Ein Badeunfall passiert oft schnell und unerwartet. Daher sollte die Aufmerksamkeit der Eltern nicht nur im Wasser, sondern auch auf der Liegewiese, am Strand oder am Beckenrand auf den Kindern liegen – und nicht auf dem Smartphone oder anderen Ablenkungen. "Ertrinken passiert oft laut- und relativ bewegungslos", betont Michael Dietel. "Kleinkinder gehen unter wie ein Stein, da ihnen aufgrund ihres geringen Lungenvolumens der nötige Auftrieb fehlt. Außerdem ertrinken Kinder meist still, weil sie im Kampf über Wasser zu bleiben nicht schreien oder winken können." Auffällige Badekleidung hilft dabei, die Kinder gut im Blick zu behalten und im Notfall auch unter Wasser wiederzufinden.
5. Nicht auf die Gruppe verlassen
Wer mit einer größeren Gruppe zum Schwimmen geht, klärt selbst bei kurzen Abwesenheiten unbedingt die Aufsicht seiner Kinder. "Es sind schon furchtbare Unfälle passiert, weil davon ausgegangen wurde, die anderen würden schon aufpassen", sagt Michael Dietel. "Wer also zur Toilette oder zum Kiosk geht, sucht am besten eine bestimmte Person aus, die dann konkret für das oder die Kinder zuständig ist – und dies auch weiß." Allerdings tragen im Ernstfall immer die Eltern die Verantwortung.
Auch mit Schwimmhilfe dürfen Nichtschwimmer*innen nicht allein ins Wasser. Denn keine von ihnen ist zu 100 Prozent sicher. Ein Beispiel sind Schwimmringe. In diesen können die Kleinen nach vorne überkippen und dann nicht mehr dazu in der Lage sein, sich alleine aufzurichten. Selbst die so beliebten Schwimmflügel sind nicht ohne Risiko. Denn bei frisch eingecremten Kindern können sie blitzschnell abrutschen, sollte das Kind ins Wasser fallen. Für das Spielen am und im Wasser eignen sich gut sitzende Schwimmwesten – aber auch diese nur unter Aufsicht der Eltern. Wenn Eltern ihren Kindern das Schwimmen beibringen möchten, greifen sie beispielsweise zu Schwimmnudeln, Schloris oder Schwimmbrettern.
7. Signale des Körpers beachten
Schwimmen und toben macht Spaß, aber auch müde. Daher sollten vor allem ungeübte Schwimmer*innen und ihre Eltern nicht übermütig werden und rechtzeitig das Wasser verlassen. Auch wer friert, ist an Land besser aufgehoben. Schnell raus aus den nassen Sachen und rein in trockene Wechselkleidung. Praktisch sind Badeponchos, die gleichzeitig vor der Sonne schützen. Unabhängig davon ist das Eincremen mit einem hohen Lichtschutzfaktor natürlich unerlässlich.
Beim Schwimmen oder Beaufsichtigen von Kindern sollten keine Genussmittel wie zum Beispiel Alkohol konsumiert werden. Und auch mit einem zu vollen Magen bleiben Badegäste besser an Land. "Nach den obligatorischen Freibadpommes also lieber eine Pause einlegen und nicht direkt ins Becken springen", so Michael Dietel. "Allerdings hat auch ein zu leerer, hungriger Magen nichts im Wasser verloren."
9. Nicht kopfüber ins Unbekannte
Auch auf vermeintlich sichere Schwimmer*innen warten in Meeren, Seen und Flüssen große Gefahren. Darunter Gezeiten, Strömungen oder Fahrrinnen der Schifffahrt. Gleichzeitig sollten Kopfsprünge in unbekannte Gewässer vermieden werden. Denn hier können nicht nur im Flachwasser unerwartete Gefahren verborgen sein. Auch andere Sprünge in natürliche Gewässer können böse enden. "Dem gegenüber sind Schwimmbäder wesentlich sicherer und vor allem zuverlässig beaufsichtigt", sagt Michael Dietel.
Wer natürliche Gewässer vorzieht, sucht möglichst bewachte Badestellen auf – vor allem, wenn Kinder dabei sind. Die überwachten Bereiche an Stränden werden in der Regel mit Flaggen und Bojen markiert. Darüber hinaus informiert ein Flaggensystem über die Anwesenheit von Rettungsschwimmer*innen und mögliche Risiken. Ersteres zeigen üblicherweise rot-gelbe Flaggen. Zusätzliche gelbe Flaggen weisen darauf hin, dass nur geübte Schwimmer*innen ins Wasser gehen sollten. Gehisste roten Flaggen signalisieren Lebensgefahr.
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